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CD-Tipp der Woche:

RAH & The Ruffcats - Orile To Berlin

Orile liegt in der nigerianischen Metropol-Region Lagos. Von dort führt den Künstler Raptouros Apollo Helios aka RAH der Weg nach Berlin. Das ist jetzt zehn Jahre her. Eine Dekade voller Swag Jam Sessions und dem Debüt-Album „How Far?“ (2018). Für sein zweites Album macht er gemeinsame Sache mit dem in Berlin ansässigen acht-köpfigen Musiker-Kollektiv The Ruffcats.

Gemeinsam erzählen sie die Reise des Rappers, Sängers und Songwriters von seiner Heimat bis in die deutsche Hauptstadt. Seine Musik ist geprägt von Afrobeat und Highlife, aber auch von jeder Menge Funk, Soul und Hip Hop. Songs wie „Yeah Yeah Yeah“, „Agidi“ oder „Wake Up“ leben von einem mitreißenden Groove, der lebendigen Brass-Section und den rauhen Vocels des Mannes aus Orile (bei Sonar Kollektiv). Claus Mörtl

 

CD-Tipp der Woche:

Common & Pete Rock - The Auditorium, Vol. 1

Zwei Superhelden des Hip Hop kreuzen ihre Superkräfte. Der eine, Common, ein Meister des gesprochenen Wortes mit 15 Alben, einer erfolgreichen Filmkarriere und schon zwei Memoiren im Rücken. Der andere, Pete Rock, einer der renommiertesten Produzenten in seinem Genre (Public Enemy, Nas, Madonna) mit Legendenstatus aus seinen frühen Tagen mit CL Smooth und einer der wichtigsten Figuren des Verschmelzens von Jazz, Funk und Soul im Hip Hop. Im ersten Wurf ihrer Kooperation „The Auditorium“ droppt Common einmal mehr eindringliche Rhymes und Pete Rock schiebt seine soulful, crispy Beats darunter.

Von traumhaften Tagträumen („Dreamin‘“), über das von Curtis Mayfields Falsett-Soul veredelte „We’re On Our Way“ und das brasil-funky „Fortunate“ bis hin zu den seelenvollen Gast-Beiträgen von Commons Herzdame Jennifer Hudson („A GOD (There Is)“) und Bilal („So Many People“). Zwei weitere handverlesene Kollabos sind „Everything’s So Grand“ von und mit PJ sowie „When The Sun Shines Again“ mit De La Souls Posdnuos. Einmal steppt selbst Pete Rock ans Mic („All Kind Of Ideas“). Zeitloser Hip Hop wie eine Melange aus Gestern, Heute und Morgen(bei Loma Vista Recordings/ Concord). Claus Mörtl

 

CD-Tipp:

NxWorries - Why Lawd?

In acht Jahren kann aus einem selbstbewussten „Yes Lawd!“ schon mal ein zweifelndes „Why Lawd?“ werden. Why Lawd... hat es so lange gedauert? Why Lawd… ist das mit der Liebe immer so kompliziert? Why Lawd… haben wir trotz zahlreicher Features immer noch so viele Ideen, die zu Songs hätten werden müssen? Irgendwo zwischen Drummer und Vocalist Anderson.Paaks Solo- und Silk Sonic-Karriere und Producer Knxwledges Arbeit auf Bandcamp und für Künstler wie Kendrick Lamar musste Zeit gefunden werden. Darüber hinaus hat ihnen das Auf und Ab auf dem weiten Feld der Liebe die Stimmung etwas nachdenklich eingetrübt. Nicht zuletzt wegen Paaks Scheidung.

Um die Aufmerksamkeit hochzuhalten, finden wir dann Namen wie H.E.R., Snoop Dogg, Thundercat und Charlie Wilson auf der Gästeliste dieses gelungenen Rap&B-Longplayers. Denn vor Ideen sprudeln sie nach wie vor über: neunzehn Tracks teilen die 44 Minuten Spielzeit untereinander auf und kurze Tracks wie „Lookin‘“ deuten an, wohin die Violine den Track hätte tragen können. Am Ende wird aus dem ‚Why Lawd?‘ aber doch noch ein zufriedenes ‚Yes Lawd!‘ mit allem, was dazu gehört: Soul-Vibes, entspannte Beat-Architektur und pfundweise Abwechslung (bei Stones Throw Records/ PIAS). Claus Mörtl

 

CD-Tipp der Woche:

Waldeck - The Moon And The Orient

Sieben ist eine besondere Zahl. Sie ist magisch. Und so wurde Klaus Waldeck für sein siebtes Album von dieser magischen Nummer besonders inspiriert. Er hat ein dutzend Fläschchen mit elektronischem Wunderwasser abgefüllt. Der Meister des elektronischen Downtempo hat dafür gewohntes Terrain verlassen und sich in die Breiten des Orients begeben. Öffnet man sie, geben sie jedes für sich den exotischen Zauber seines Salonorchesters aus 1001 Nacht preis.

Manche davon enthalten auch die vokalen Betörungen von Patrizia Ferrara, Zeebee und der Dragkünstlerin Lucy McEvil. Jenseits von TripHop, Electronica oder Balkan-Charme hören wir hier orientalische Chansons („Phantomas“), Sehnsucht in cineastischer Breite („Someday“) und eine kleine Schlangenbeschwörung mit Bontempi-Groove („Flaschengeist“). Avantgarde-Pop, Jazz und Ballsaal-Atmosphäre. Eine orientalische Pilgerfahrt (bei Dope Noir Records/ Broken Silence). Claus Mörtl

 

CD-Tipps:

Staples Jr. Singers - Searching

Hinter den Staples Jr. Singers steht die ursprünglich 10köpfige Familie Brown aus Aberdeen, Mississippi, die im Jahre 1975 ihr erstes von Gospel beseelten Rhytm & Blues-Album „When Do We Get Paid“ veröffentlicht. Der Erfolg beschränkt sich auf viel Kritikerlob. Weit über vier Dekaden später veröffentlicht David Byrnes Luaka Bop-Label das Album erneut. Der Erfolg ist nun deutlich größer. Mehrere Tourneen und Festivalauftritte schließen sich an. Fast fünfzig Jahre nach ihrem vielversprechenden Start ins Musikgeschäft legen sie nun ein neues Album nach.

„Searching“ wird im Herbst letzten Jahres an zwei Tage in einer Kirche in West Point, Mississippi, aufgenommen. Die perfekte Location für ein spirituelles Album wie dieses. Es enthält tiefgläubige Gospel-Soul-Songs mit starkem Blues-Fundament, die bereits vor unwirklich langer Zeit geschrieben worden sind, heute aber – auf andere Art – so aktuell sind wie damals. Songs wie ein Segen. Hoffentlich wird die Frage aus ihrem Debüt nun endlich beantwortet. Es wäre ihnen zu wünschen (bei Luaka Bop Records). Claus Mörtl

 

CD-Tipp der Woche:

Our Label Records Vol. 1 – Compiled By Gu

Die Labelgeschichte beginnt im Jahr 2005 als die Gebrüder Tom und Gu ihr Label, also ‚Our Label Records‘ gründen. Ursprünglich geht es ihnen darum Funk-Singles auf Vinyl zu veröffentlichen, um sie in ihren DJ-Sets auflegen zu können. Zwei Dekaden später schauen sie auf eine imposante Entwicklung zurück. Nach wie vor sind sie auf ihrer Mission unterwegs. Und weil die ersten Releases nicht mehr verfügbar und 20 Jahre ein schönes Jubiläum sind, bringen sie einfach beide Aspekte zusammen.

Der erste Label-Sampler versammelt nun zehn rare 7“ Singels aus der Anfangszeit. Die erste Veröffentlichung „Give Me A Minute (Pt. 1 & 2)“ von The New Mastersounds aus Leeds, UK, haben sie mit Gu geschrieben, eingespielt und produziert. Sie war nach nur drei Monaten vergriffen. Die Keb Darge/ Eddie Roberts-Produktion “Bread & Water” von The Inmates nach einem halben Jahr. Weitere Funk-Monster und soulful Grooves kommen von den Renegades Of Jazz, Diazpora, Sir Ali Bengali und Mothergroove. Was für ein funky Geburtstagsspaß…! (bei Unique Records/ Groove Attack). Claus Mörtl

 

CD-Tipp:

Wolfgang Valbrun - Flawed By Design

„Oh would you be mine? If the sun don’t shine or would you leave me behind?“ Wolfgang Valbrun eröffnet sein Solo-Debüt mit einer gewichtigen Frage, die in jeder Beziehung früher oder später gestellt wird: steht man zueinander auch in schlechten Zeiten? Der Sänger der britischen Soul-Band Ephemerals macht daraus einen mitreißenden Uptempo-Souler zwischen Melancholie und Hoffnung.

Und so thematisiert er in seinen Songs zwischenmenschliche und gesellschaftliche Unzulänglichkeiten aus tiefster Seele und mit vollem Körpereinsatz. Die Intensität und Kraft von „Love Yourself“ oder „Keep Your Head Up“ ist atemberaubend. Seine sozial-kritischen Töne bei „Where Is The Peace“ und „Almighty $$“ sind spitz, giftig und treffsicher. „Paris“ ist eine dreiminütige Liebeserklärung vor der Kulisse seiner Wahlheimat und „Baptist“ großes düsteres Soul-Blues-Drama. Der Titelsong serviert uns das perfekte Finale, ‚no brainer‘ inklusive: eigentlich könnten wir perfekt sein, wäre da nicht dieses fehlerhafte Design. Großes Soul-Debüt (bei Jalapeno Records/ Groove Attack). Claus Mörtl

 

CD-Tipp der Woche:

Shaboozey - Where I've Been, Isn't Where i'm Going 

Nein, ein afro-amerikanischer Hintergrund und die Liebe zum Country&Western-Genre schließen sich nicht gegenseitig aus. Dafür gibt uns die Geschichte genug bekannte Beispiele: angefangen mit dem erfolgreichen C&W-Sänger Charlie Pride, der Mitte der 60er Jahre als erster seiner Art einen Major Label-Deal abschließt, kann man die Liste mit Ray Charles, Solomon Burke oder Bobby Womack hochkarätig fortsetzen. Der angesagteste Künstler, der aktuell in diese Kerbe schlägt ist Collins Obinna Chibueze aka Shaboozey aus Virginia. Der Musiker mit nigerianischen Wurzeln hat auf dem „Cowboy Carter“-Album von Beyoncé zwei Gastauftritte.

Auch dieses Album ist ein R&B-C&W-Crossover. Der dritte Longplayer von Shaboozey ist ein musikalischer Ausflug in den amerikanischen Westen. Episch weitläufig wie die Landschaft mit Geschichten voller erzählerischer Kraft und Tiefe. Es geht um Loslassen der Vergangenheit und den Aufbruch in eine ungewisse (bessere) Zukunft. Dabei bewegt er sich zwischen klassischen C&W, Americana und Hip Hop. Neben einer Kneipen-Hymne „A Bar Song (Tipsy)“ singt er mit Noah Cyrus („My Fault“), erzählt von „Annabelle“ und „Vegas“. Musikalisches Kopfkino in Cinemascope. Foot on the gas, out on the road…! (bei American Dogwood/EMPIRE). Claus Mörtl

 

CD-Tipp der Woche:

Dino Brandão - Self-Inclusion

Wie so viele Künstler hat auch der Schweizer Dino Brandão unter den Pandemie-Einschränkungen gelitten. Neben diesen Unwägbarkeiten kam in seinem Fall aber noch die Diagnose Multiple Sklerose dazu. Außerdem verbrachte er einige Zeit in einer psychiatrischen Einrichtung. Davon erzählen der Opener „Sweet Madness“ und der letzte Song „Loser“ auf intensive Weise. Seine Songs haben die Qualität sich in Hirn und Herz zu schleichen, sich dort festzusetzen und aufzublühen.

Vielleicht ist es seinen Wurzeln in Angola zuzuschreiben, dass er die Gabe besitzt, traurige Inhalte zumindest ein wenig tanzbar zu präsentieren. „Self-Inclusion“ ist sehr perkussiv und voller wunderbarer Melodien, denen ihr melancholisches Gewand so sehr steht, dass es dieses fast schon zu bedingen scheint. Lässt man sich auf diese Songs ein und gibt man ihnen Zeit, sich zu entfalten, dann ist die Belohnung umso kostbarer. Ein bemerkenswertes Debütalbum voller großer Momente (bei Two Gentleman/Believe/Rough Trade). Claus Mörtl

 

CD-Tipp der Woche:

Nubiyan Twist - Find Your Flame

Seit seiner Gründung am Leeds College of Music hat sich das neunköpfige Kollektiv zu einer festen Größe in der britischen Musiklandschaft entwickelt. Auf ihrem vierten Longplayer pflegen sie einmal mehr ihre Melange aus globalen Grooves, zeitloser Soul-Atmosphäre, spontanen Jazz-Improvisationen, akzentuierten Horn-Riffs und stellen nebenbei die wunderbare Soul-Stimme ihrer neuen Sängerin Aziza Jaye aus Sheffield vor. Dabei erzählen ihre Songs Geschichten aus der Zeit ihrer Entstehung.

Sie erzählen von der Überwindung der Pandemie, dem Wunder Eltern zu werden, ein Bein zu verlieren, einen Unfall zu überstehen, davon geliebte Menschen zu verlieren, neue Freundschaften zu schließen und die innere Flamme zu finden. Da kam Nile Rodgers mit seiner funky Gitarre genau richtig, um die Single „Lights Out“ disco-fit zu machen. Unter den weiteren Unterstützern sind auch Fela Kutis jüngster Sohn Seun sowie Mamani Keita aus Mali. Dynamisch, virtuos, energiegeladen und voller Wärme (bei STRUT RECORDS/ !K7/Indigo). Claus Mörtl